Post aus Sachsen! Die Sonntagskolumne von Jörg Urban
Liebe Freunde, liebe Leser,
seit Jahren wird hochemotional über die Russland-Sanktionen gestritten. Die Befürworter sagen selbst nach 17 erfolglosen und sogar kontraproduktiven Sanktions-Paketen unbeirrt, noch schärfere Sanktionen seien der einzige Weg zum Frieden.
Ich behaupte das Gegenteil: Die Sanktionen vertiefen die Gräben zwischen den Nationen – und zwar nicht nur zwischen den europäischen Nationen und Russland, sondern noch viel schlimmer: Die Sanktionen vertiefen die Gräben zwischen den europäischen Nationen selbst und zu unseren wichtigsten Handelspartnern in aller Welt.
Um Ihnen das zu belegen und die Debatte um die Sanktionen zugleich zu versachlichen, möchte ich Sie zu einer kleinen Weltreise einladen.
Wir starten im krisengeplagten Sudan: Um den dortigen Bürgerkrieg zu beenden, arbeiten die USA mit Sanktionen. Doch weder Joe Biden noch Donald Trump konnten damit die Gewalt beenden. Denn: Selbst wenn nichts mehr funktioniert, der internationale Waffenhandel funktioniert leider immer. Irgendjemand liefert immer Waffen. Das ist traurig, aber das ist die Realität.
Wer wird also durch Sanktionen tatsächlich geschädigt? Es trifft vor allem die Zivilbevölkerung. Die US-Sanktionen gegenüber dem Sudan haben die Hungersnot in dem Bürgerkriegsland verschärft und sonst nichts bewirkt.
Schauen wir als nächstes nach China: Die Russland-Sanktionen der Europäischen Union richten sich seit Dezember 2024 gegen mehrere chinesische Firmen, denen „Handel mit Russland“ vorgeworfen wird.
China ist für unsere sächsische Wirtschaft – noch vor den USA – der wichtigste Exportmarkt. Ich empfinde es wirklich als halsbrecherisch, nicht nur die Kontakte nach Russland abzubrechen, sondern über sogenannte Sekundärsanktionen auch die ökonomischen Brücken nach China regelrecht zu zertrümmern.
Wer eine solche Politik befürwortet, macht aus Deutschland, das bis zum Jahr 2008 Exportweltmeister war, ein isoliertes Land ohne internationale Absatzchancen.
Nähern wir uns nun Europa: Politiker wie Kanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollen sämtliche Energielieferungen von Russland an die europäischen Nationen verbieten.
Ungarn und die Slowakei laufen dagegen Sturm. Für den Fall, dass sie aus Brüssel bevormundet werden, hat der ungarische Präsident Viktor Orban allerdings bereits seinen „Plan B“ skizziert. Dann werde er eben die Energiekooperation mit Serbien vertiefen, um weiter günstiges russisches Gas und Öl beziehen zu können.
Friedrich Merz reagierte darauf mit der Ankündigung, „einem Konflikt mit Ungarn und der Slowakei NICHT aus dem Wege gehen“ zu wollen. Für meinen Geschmack sind das nun langsam ein paar Konflikte zu viel, mehr als Deutschland sich leisten kann …
Was Herr Merz auch nicht durchschaut, ist die Strategie der USA. Trump steht bei Sanktionen gegenüber Russland derzeit auf der Bremse, weil er mit Putin lieber direkt verhandelt.
Die angedrohten Sanktionen der USA gegenüber Russland zielen bei genauerer Betrachtung eigentlich auf eine Schwächung Chinas. Die Drohung der USA an China lautet sinngemäß: Wenn ihr weiter mit Russland handelt, dann nicht mehr mit uns! Für Trump sind die Sanktionen vor allem ein Mittel, um die US-Wirtschaft zu stärken.
Europa sitzt bei alldem zwischen den Stühlen. Unsere Industrie braucht günstiges Gas, Öl und weitere Rohstoffe aus Russland. Zugleich brauchen wir freien Handel sowohl mit China als auch den USA.
Andere Nationen mit Sanktionen zu überziehen, liegt deshalb nicht in unserem Interesse, weil dadurch die internationalen Beziehungen nicht nur zu einem anderen Staat, sondern zu vielen anderen Staaten beschädigt werden.
Wenn Ursula von der Leyen (CDU) inzwischen sogar davon fabuliert, die Reparatur der Nord Stream-Stränge durch erweiterte Sanktionen zu verbieten, dann heißt das im Klartext, dass sie auch in Zukunft jede Zusammenarbeit mit Russland verhindern will. Wer sich derart abweisend zeigt und die Gegenseite als ewigen Feind markiert, verliert doch jede vernünftige Verhandlungsoption.
Ich bin deshalb überzeugt: Nur wenn Europa die Waffenlieferungen an die Ukraine einstellt, genauso wie die noch dazu selbstschädigenden Sanktionen, nur dann besteht die Aussicht auf Frieden.
Denn: Nur wer selbst seine eigene Hand ausstreckt und kompromissbereit ist, kann das auch von seinem Gegenüber auch erwarten.
Bis nächsten Sonntag,
Ihr Jörg Urban