Post aus Sachsen! Die Sonntagskolumne von Jörg Urban
Liebe Freunde, liebe Leser,
ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie frohe Ostern. Nutzen Sie die freien Tage, um mit den Kindern oder Enkeln im Garten Ostereier zu suchen, um gemeinsame Zeit mit Ihren Liebsten zu verbringen und alle Alltagssorgen einmal weitestgehend zu vergessen.
Der politische Betrieb wird über Ostern auch ruhen. Dieser Abstand zum Tagesgeschäft hilft, um sich das wirklich Wichtige in Erinnerung zu rufen. Warum machen wir eigentlich Politik? Was sind unsere Ziele? Was sind unsere Aufgaben als gewählte Volksvertreter?
In zahlreichen sächsischen Städten finden seit Freitag und noch bis zum Ostermontag die inzwischen traditionsreichen Ostermärsche und etliche Friedenskundgebungen statt.
Ganz egal, ob rechts, Mitte oder links, freue ich mich über jeden Teilnehmer dieser Kundgebungen. Denn aus meiner Sicht sollte es zum Konsens aller Parteien zählen, sich für den Frieden einzusetzen. So steht es auch in der Präambel des Grundgesetzes.
Dass ausgerechnet die Partei mit dem großen „C“ im Namen sowohl den christlichen Friedensgruß des auferstandenen Jesus als auch die Forderung aus dem Grundgesetz, dem Frieden zu dienen, missachtet, zeigt, wie wenig sich diese Politiker mit dem geistigen Fundament unserer christlich-abendländischen Gesellschaft befasst haben und wie wenig sie es verinnerlicht haben.
Ostern ist der richtige Zeitpunkt, um dafür zu sorgen, die sittlichen Grundlagen unserer Kultur dauerhaft lebendig zu halten.
1795 skizzierte der deutsche Aufklärer Immanuel Kant, wie die Welt zu einem „ewigen Frieden“ finden könnte. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies das Ergebnis einer durch und durch christlichen Prägung war. Kant forderte, dass sich jeder Staat „auf Erhaltung und Sicherung der Freiheit“ im eigenen Land konzentrieren solle und sich nicht in auswärtige Angelegenheiten einzumischen habe.
Wie schön wäre es, wenn Friedrich Merz, Michael Kretschmer und die gesamte CDU diese Worte einmal wieder zur Hand nehmen und in die Tat umsetzen würden.
Denn: Sich auf den Erhalt der Freiheit des eigenen Staates im Sinne Kants zu konzentrieren, schließt es aus, andere Staaten mit Waffen zu beliefern, die im schlimmsten Fall einen Dritten Weltkrieg auslösen könnten.
Die Taurus-Marschflugkörper gehören in diese Kategorie. Sollte Friedrich Merz der Ukraine Taurus zur Verfügung stellen, ist selbst Moskau, die Hauptstadt Russlands, ein mögliches Angriffsziel.
Taurus hat eine Reichweite von 500 Kilometern. Die Bedienung dieser Waffe der Ukraine zu überlassen, ist halsbrecherisch. Die Alternative wäre, sie selbst zu bedienen, aber das liefe ohne Zweifel auf eine direkte deutsche Kriegsbeteiligung hinaus, die im Umkehrschluss wiederum Deutschland zu einem möglichen Angriffsziel machen würde.
Lassen Sie uns deshalb auf der Straße und im Parlament ein eindeutiges Signal senden: Wir wollen Frieden und das heißt: Diplomaten statt Granaten!
Beunruhigt bin ich auch darüber, dass Dänemark inzwischen laut darüber nachdenkt, eigene Soldaten – angeblich nur zu Trainingszwecken – in die Ukraine zu schicken. Zugleich hat die Bundeswehr Anfang April einen militärischen Großverband nach Litauen geschickt, der bis 2027 „Kriegstauglichkeit“ erreichen soll.
Ich frage mich: Muss diese Provokation wirklich sein? Die Sicherheit in Osteuropa wird dadurch nicht erhöht. Vielmehr hat Russland zu Recht den Eindruck, dass in Deutschland und anderen europäischen Staaten Kriegstreiber an der Macht sind, die zur Eskalation beitragen, statt nach klugen Kompromissen zu suchen.
Die Lektüre von Kants „ewigem Frieden“ ist noch aus einem weiteren Grund hochaktuell. Kant äußerte die weitsichtige Sorge, dass gigantische Staatsschulden die Kriegsgefahr erheblich steigern.
Das ist auch heute so: Die milliardenschwere Aufrüstung der Bundeswehr bringt keinen Frieden. Sie bringt – mit Kant gesprochen – eine gefährliche „Neigung der Machthabenden“ mit „Leichtigkeit Krieg zu führen“, um schließlich die Schulden wieder wettzumachen. Das ist zumindest die naive Hoffnung dieser Politiker.
Friedenspolitik ergibt sich deshalb nicht nur aus den christlichen Geboten. Sie ist auch vernünftig und sie bewahrt die Freiheit der eigenen Bürger und des eigenen Landes dadurch, sich aus fremden Konflikten herauszuhalten.
Die Frage „Wozu Politik?“ lässt sich mit zwei Begriffen beantworten, die eng mit Ostern verbunden sind. Der erste lautet Frieden und der zweite lautet Freiheit.
Oder, um es mit Goethes „Osterspaziergang“ auszudrücken: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein.“ Genau das wünsche ich Ihnen nicht nur zu Ostern, sondern selbstverständlich das ganze Jahr über.
Bis nächsten Sonntag,
Ihr Jörg Urban